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Hamburger Abendblatt - Alvin Curran und der Klang, der aus dem Laptop kommt

Einen besseren Stargast als Alvin Curran hätte das offene Avantgarde-Festival "blurred edges" für sich wohl kaum finden können. In den fröhlich-anarchischen 60ern war Curran Miterfinder des "Soundpool". Jeder Klang zu jeder Zeit ist erlaubt, das war damals die einzige Regel. Und jeder, Laie oder Musiker, durfte bei der akustischen Improvisationsorgie mittun. Heute macht man so etwas nur noch solo am Keyboard, wie Curran bei seinem Konzert am Sonnabend im Golden Pudel Salon zeigte. Der ganze Kosmos der Klänge von der Rockband, über Schiffshörner, Politikerreden, Blaskappellen bis zu orgiastischem Gestöhne hatte Curran für sein Solo "Endangered Species" hübsch säuberlich auf seinem Sampler gesammelt. Mit einem simplen Tastendruck ließ er die akustischen Fundstücke wie eine Meute entfesselter Hunde eine Stunde lang auf sein Publikum los, schichtete sie zu angedeuteten Strukturen auf und warf sie gleich darauf wieder durcheinander wie ein Kind beim Spielen. Und gerade als man dachte, ein Hörsturz drohe, hielt der Meister inne und flocht ganz entspannt eine kleine Jazzimprovisation ein.Ein Hauch von 68er-Nostalgie lag über Currans Präsentation am Freitag im Golden Pudel Club. "Unsere Generation war von einem verheerenden Virus infiziert", diagnostizierte der 72-Jährige da halb stolz, halb altersweise, "wir wollten die Welt verändern." Sprach's und wandte sich wieder seinem Laptop zu. (ist) Hamburger Abendblatt - 3. Mai 2010

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